Neue Maßstäbe im Kinderschutz: Landesregierung beschließt umfassende Strategie
Mit dem Ziel, den Schutz von Kindern und Jugendlichen stärker in der Gesellschaft zu verankern, hat die Landesregierung Baden-Württemberg am 1. Juli 2025 eine umfassende Strategie auf den Weg gebracht: den Masterplan Kinderschutz. Mehr finanzielle Mittel wurden dafür noch nie bereitgestellt.

14.08.2025
Was ist der Masterplan Kinderschutz?
Der Masterplan Kinderschutz sieht vor, den Schutz von Kindern und Jugendlichen allumfassend zu stärken und zu verbessern. Dafür ist vor allem eines essenziell: Wir müssen Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstehen. Darunter fallen die „Sensibilisierung, Information und Stärkung von Personen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, von Kindern, Jugendlichen, von Eltern sowie der gesamten Gesellschaft“, wie es von offizieller Seite heißt. Eine große Aufgabe, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Denn nur durch eine Kultur des Hinschauens und Handelns kann das Bewusstsein für Kinderschutz gestärkt und ein möglichst breites, intersektorales und ressortübergreifendes Netzwerk geschaffen werden.
Die am 1. Juli 2025 dafür erfolgte Weichenstellung ist mehr als deutlich: Mehr Verbindlichkeit, bessere Strukturen, mehr Geld. Die Landesregierung erhöht die Mittel für den Kinderschutz im Haushalt dauerhaft von bisher 700.000 Euro auf rund fünf Millionen Euro jährlich. Das ist ein Rekordniveau. Wie ernst die Regierung diese Maßnahmen nimmt, wird auch deutlich, wenn man sich mal anschaut, wie der Masterplan Kinderschutz auf den Weg gebracht wurde. Entwickelt wurde er unter Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration, ist aber vielmehr das Ergebnis eines breiten Beteiligungsprozesses – mit Stimmen aus Politik, Praxis, Wissenschaft und nicht zuletzt von Kindern und Jugendlichen selbst.
Paradigmenwechsel in der Kinderschutzarbeit
Ministerpräsident Winfried Kretschmann steht voll hinter diesem Masterplan. Er sagt: „Kinderschutz geht uns alle an und ist eine zentrale Verantwortung unserer Gesellschaft. Mit der Strategie Masterplan Kinderschutz machen wir klar: Die Rechte und das Wohl von Kindern und Jugendlichen stehen im Mittelpunkt unseres Handelns – heute und in Zukunft.“ Die jetzt auf den Weg gebrachte Strategie setze Maßstäbe in Prävention, Intervention und Betroffenenarbeit – systematisch, verbindlich und nachhaltig. Das sieht auch Sozialminister Manne Lucha, der sogar von einem Paradigmenwechsel in der Kinderschutzarbeit spricht: „Kein Kind darf durchs Raster fallen. Die Strategie Masterplan Kinderschutz schafft Orientierung, fördert den Austausch zwischen den Professionen und stärkt die Akteure vor Ort bei ihrer wichtigen Arbeit.“
Lucha hebt darüber hinaus die Bedeutung einer „Kultur des Hinschauens“ hervor. Gewalt gegen Kinder dürfe kein Tabuthema mehr sein – weder in Familien, noch in Einrichtungen, Vereinen oder digitalen Räumen. Wie bereits oben geschrieben: Funktionieren kann das nur, wenn alle an einem Strang ziehen.
Warum der Masterplan wichtig ist
Es ist keine Sekunde zu früh, dass der Masterplan Kinderschutz seinen Weg in die Gesellschaft findet: Laut Statistischem Landesamt wurden 2023 20.059 Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet – davon lag in über 6.000 Fällen eine akute oder latente Gefährdung vor. Eine aktuelle bundesweite Studie vom Juni 2025 zeigt zudem:12,7 Prozent der 18- bis 59-Jährigen haben in Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlebt. Das entspricht 5,7 Millionen Menschen bundesweit. Diese aufrüttelnden Zahlen zeigen: Wir müssen jetzt handeln.
Schwerpunkte und Maßnahmen
Aber was sieht er jetzt eigentlich genau vor, der Masterplan Kinderschutz? Gebündelt wird die landesweite Strategie in fünf Schwerpunkten, unter die insgesamt 52 Maßnahmen fallen:
- Sensibilisierung und Information
- Qualifizierung von Fachkräften
- Stärkung von Schutzkonzepten
- Besonderer Schutz für gefährdete Gruppen
- Kinderschutz in digitalen Lebenswelten
Auf diese Schwerpunkte verteilen sich 52 konkrete Maßnahmen. Dazu zählen eine landesweite Informationsoffensive, der Aufbau einer Webplattform für Fachkräfte, neue Qualifizierungsangebote zu Kinderschutzthemen, E-Learning-Tools zur Medienbildung sowie Programme zur Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten in Vereinen und Verbänden.
Uns bei der Initiative MedienFokus BW interessiert natürlich besonders, welche Maßnahmen medienpolitische und medienbildende Maßnahmen im neuen Masterplan verankern. Konkret fallen da neue E-Learning-Tools zur Medienbildung sowie zahlreiche geplante Angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern zur Medienbildung ins Auge. Auch hier ist es von fundamentaler Bedeutung, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Das geht nur, wenn über Netzwerkarbeit aufgeklärt wird, wenn es einen regen Austausch unter Fachberatungsstellen gibt und auch Eltern mit Angeboten gezielt mit ins Boot geholt werden. All das ist im neuen Masterplan verankert. Und teilweise sogar schon in der Umsetzung: Schon zwischen 2023 und 2025 wurden 9,8 Millionen Euro in Projekte investiert, die als Impulsgeber für die neue Strategie dienen. Beispiele: Es wurden bereits 340 Schutzkonzepte gefördert und 30 neue Stellen in Vereinen und Verbänden speziell für die Begleitung dieser Schutzkonzepte aufgestockt.
Landesweite Aktionstage sollen das Gespür für den Kinderschutz weiter schärfen. Das ist wichtig, denn der Masterplan kann nur dann Früchte tragen, wenn er von allen mitgetragen wird.

Über den Autor
Björn Springorum ist freier Journalist und Schriftsteller. Er schreibt u.a. für die Stuttgarter Zeitung, den Tagesspiegel und konzipiert Comic-Geschichten für “Die drei ???". Als Schriftsteller hat er bislang fünf Kinder- und Jugendbücher verfasst. Zuletzt erschienen: “Kinder des Windes" (2020), Thienemann Verlag. Er lebt in Stuttgart.
Björn Springorum
Freier Journalist und Schriftsteller
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